Jetzt habe ich ihn hinter mir, den vierzigsten Geburtstag. Mit Sicherheit waren wir alle als Kinder davon überzeugt, dass man mit vierzig Jahren alt ist.
An dieser Stelle, einer gefühlten Mitte vom Leben mit dem Frühling und dem Frühsommer hinter uns denken wir sicherlich alle darüber nach, was wir bisher erlebt haben, was wir unser Erachtens nach gut und schlecht gemacht haben und welche sinnvollen Ziele wir noch weiter verfolgen können.
Skeptisch beäuge ich die immer länger und dunkler werdenden Haare am Kinn, die Falten um die Augen und sonstige traurige Vorboten des Älterwerdens.
Wie oft war ich frustiert und traurig darüber, dass ich mich den Grossteil meiner Jugend mit Krankheit und Schmerzen auseinandersetzen musste, dafür quasi meine Jugend «drauf ging».
Heute sehe ich das aus einem positivem Blickwinkel heraus. Bedingt der Krankheit durfte ich immens viele bereichernde Erfahrungen machen.
Dadurch habe ich gelernt mehr auf mich selbst zu achten, Mitgefühl für meine Umwelt zu entwickeln, den Tod nicht als etwas Schlimmes zu empfinden und mich zu verteidigen wenn ich merke, etwas tut mir nicht gut.
Bei aller Liebe praktiziere ich dies ab und an sehr laut und direkt. Es tut gut, wenn man beginnt zu sich selbst zu stehen und sich selbst zu achten.
Diese Eigenschaft wurde uns ja gänzlich abtrainiert. Psssst, was sollen nur die anderen von dir denken, das kannst du doch nicht machen, das kannst du doch nicht sagen, oooh, wie peinlich...
Mit vierzig fühle ich mich schon ein ganzes Stück freier als mit zwanzig.
Das war bis hierhin ein hartes Stück Arbeit.
Die Geburtstagsfeier mit tollen Schweizer Freunden und meiner Schwester, die angereist war, hat mich sehr beglückt. Ein Freund sagte, wir sollten in dem Bewusstsein leben, dass unser Leben mit dem "Tod" nicht beendet ist. Mit dieser Denkweise können wir vieles ganz anders angehen.
Im Alltag muss ich mich selbst immer wieder daran erinnern, dass alles was wir tun und sagen, irgendwann einmal auf uns selbst zurück fällt. Das ist eine universelle Gesetzmässigkeit, der wir nicht entrinnen können. Dazu kann ich sagen, dass mir das nicht immer leicht fällt, eher im Gegenteil, doch ich tue mein Bestmögliches und schliesslich bin ich auch nur ein Mensch, so wie wir alle und wir alle haben unsere diversen verschiedenen Seiten und zum Glück sind wir alle gleich, irgendwie, manchmal.... :-)
Just drei Tage später in der S-Bahn:
Da bot ich auf der müden Heimfahrt einem älteren Herrn einen Sitzplatz an. Er winkte ab und meinte, es ginge schon. Daraufhin sagte ich zu ihm, dass ich gerade erst dieses Thema mit Freunden gehabt hätte. Er fragte was ich damit meine und ich erklärte ihm, dass, wenn man einen Sitz angeboten bekommt nun weiss, jetzt ist man alt. Er daraufhin, dass sei nicht so schlimm, solange man für sich selber Sorge trägt und immer auf sich achtet. Ich antwortete darauf, er solle mir ruhig weiter Mut machen und was sei mit den Falten um die Augen und die immer schlaffer werdende Haut?
Daraufhin erklärte der Herr, dass das gar nicht schlimm sei und das Alter dafür eine gewisse Würde mit sich bringe. Meine Grossmutter hatte ab und an beinahe verzweifelt gefragt wo nur all die weisen Alten geblieben sind. Dies erzählte ich dem Herrn und er meinte, dass man die heute an einer Hand abzählen könne. Er frage sich auch wie man die Gesellschaft verändern könne und ich meinte daraufhin, jeder so wie er kann und auch, dass wir nach unseren Möglichkeiten dazu beitragen können zu den zukünftigen weisen Alten zu gehören. Dann machte ich ihm das Kompliment, dass er die Würde ausstrahlte von der er gesprochen hatte und da leider der Ausstieg nahte, wünschten wir uns gegenseitig noch ein schönes weiteres Leben.
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