Samstag, 22. September 2012

Kapitel 5 - Zugfahrt zu Crescent nach Leipzig

Vor ca. einem Jahr entschloss ich mich, mein veraltetes Schulenglisch aufzupolieren. Auf die Lernhilfen im Regal hatte ich keine Lust und auf eine schulische Weiterbildung auch nicht, da meine Arbeitstage aufgrund des weiten Arbeitsweges sehr lang sind. Dann lernten Crescent und ich uns kennen.

Er ist libanesischer Kameramann und  möchte mit Filmen auf die Missstände in der Welt aufmerksam machen. Viel Elend passiert, ohne dass die Weltöffentlichkeit davon erfährt. Sein Engagement führte dazu, dass er von seiner Landesregierung unter Todesandrohungen für mehrere Jahre ins Gefängnis gesperrt werden sollte. Er konnte nach Deutschland flüchten und lebt dort seit einem Jahr als Kriegsflüchtling.

Die Kommunikation zwischen uns findet ausschliesslich auf Englisch statt. Er hat begonnen, Deutsch zu lernen und lernt die Sprache aus eigenem Antrieb. Für ihn ist es selbstverständlich, die Sprache des Landes zu lernen, in dem er lebt. Schon nach kurzer Zeit fühlten wir uns freundschaftlich miteinander verbunden.

Die Fahrt von Basel begann erst einmal mit einer gravierenden Zugverspätung. Dies führte dazu, dass der nächste Anschlusszug ab Frankfurt erst zwei Stunden später als geplant abfuhr und sich die Fahrerei meines Empfindens nach ins Unendliche zog.
 

Ab Frankfurt sass ein junger Mann neben mir und wir kamen ohne Umschweife ins Gespräch. Er habe einmal eine Führungsfunktion innerhalb einer bekannten Handelskette gehabt und dort seine Lektionen gelernt. Wir unterhielten uns darüber, dass vieles möglich ist, wenn man nur daran glaubt und fleissig auf ein Ziel hinarbeitet. Viktor erzählte vom Autohandel und vom Hausbau und ich von Meerjungfrauen, vom Tauchkurs und dass ich jetzt auf dem Weg sei Geschichten zu sammeln. Als mir bewusst wurde, was ich da gerade unüberlegt gesagt hatte, empfand ich ein tiefes Glücksgefühl. Ja, ich war unterwegs, um Geschichten zu sammeln. Es war eine kurze, heitere Begegnung.

Nach Viktor setzte sich ein Herr neben mich und vertiefte sich in ein bekanntes Wissenschaftsheft. Dösend sah ich aus den Augenwinkeln, dass der Artikel über Raum- und Zeitkrümmungen handelte.
Die lange Fahrt näherte sich allmählich seinem Ende, als im Mittelgang direkt neben uns ein Mann mit seinem Schnitzelbrötchen in der Hand ins Stolpern kam. Mein Sitznachbar und ich begannen gleichzeitig loszuprusten. Zu ihm hingewandt meinte ich, das komme davon, wenn man sich zu viel mit Raum- und Zeitgeschichten beschäftigt, da sehe man schon einmal im Geiste gemeinsam ein Schnitzel durch den Zug fliegen.
Diese kurze Bemerkung kam einem Startschuss gleich. Den Herrn packte Erzählerlaune. „Wissen Sie, sagte er, ich hatte eine sehr hohe Position in einer namenhaften Firma in Berlin inne, jedoch zu viel gearbeit und musste diesen Job aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Meine Frau und ich sind beide Ingenieure, realistische, bodenständige Menschen und wir wollen für alles rationale Erklärungen, doch ich muss sagen, dass es Dinge gibt, die sich nicht erklären lassen". Darauf meinte ich, dass ich den  Satz einer Schweizer Kollegin noch im Ohr klingen habe:« Früher oder später kommen sie alle, das sei  nur eine Frage der Zeit »

Er arbeite gerade an sehr wichtigen Ausgrabungen in Eisenach, während er seine von Erde braunverschmierten Hände vor sich streckte und erklärte, seine Frau habe ihn gebeten, sofort nach Hause zu kommen, die jetzige Zugfahrt sei völlig ungeplant. Er sah auf meinen Flyer, den ich ihm einen Moment zuvor in die Hand gedrückt hatte und meinte, das wäre ja jetzt schon alles ein Zufall und noch etwas undeutlich nuschelnd, „ja aber das mit den Zufällen“....Jajaaa, dachte ich...eben...ihr guten Zufälle, da seid ihr ja wieder...

Seine Frau habe einmal grosse Schwierigkeiten mit ihrem Rücken gehabt und sie wären über Empfehlungen an einen Heiler geraten. Dieser hätte nur irgendwie die Hände über sie gehalten und direkt nach dieser Behandlung sei sie gesund aus der Praxis gekommen. Es hätte sich keinesfalls um Geldmacherei gehandelt, die Behandlung sei günstig gewesen. Immer wieder setzte er an, wie, um sich zu entschuldigen. Daraufhin erzählte ich ihm kurz von einigen prägnanten Ereignissen, die ich über die Quantenheilung erfahren durfte und er wollte sehr gerne mehr darüber erfahren, doch unsere Zeit war leider begrenzt.
Weiter erklärte er, dass seine Frau und er an diversen Ausgrabungen, beispielsweise in Afrika und Mexiko, mitgewirkt hatten. Er habe Baumonumente gesehen, die schlicht und einfach nicht mit unserer heutigen Technik machbar seien. Bestimmtes Gestein könne nur mit etwas Stärkerem als mit Diamanten beschliffen werden und er hätte Mauern aus Steinen gesehen, die so präzise beschliffen waren und sich so exakt aneinander geschmiegt hätten, wie es mit heutiger Technik nicht umsetzbar sei. Ich meinte daraufhin, dass vielleicht doch „andere“ auf der Welt gastiert haben könnten oder aber die Menschen damals über sehr grosses Wissen verfügt und mittels Gedanken Materie gesteuert haben könnten. Die heutige Wissenschaft arbeitet sich ja immer weiter in den Quantenbereich vor und erkennt, dass es unsere sogenannte Realität gar nicht gibt, Wahrnehmungen quasi im Auge des jeweiligen Betrachters liegen. (Doppelspalt-Experiment). Die Frage, ob mir Erich von Däniken bekannt sei, konnte ich grinsend bestätigen. Das waren einige der ersten Bücher zu diesen Themen, die ich als Jugendliche im Bücherregal meines Opas entdeckte.

Er kenne Herrn von Däniken persönlich von Ausgrabungsorten her. Dieser sei schon eigen, wisse auch, wie man sein Geld mache, doch seine Herleitungen seien äusserst interessant. Er erzählte kurz von den Streifen von Nazca. Diese zögen sich schnurgerade über eine Gebirgskette und müssen von weit oben aus der Luft aus bemessen worden sein, denn von der Erde aus sei das unmöglich. Ich war völlig fasziniert und fühlte mich wie in einem mit Watte ausgestopften Vakuum. Nicht, dass ich über diese spannenden Erzählungen noch den Ausstieg verpasste. Leipzig war dann auch schnell erreicht. Nach einer schnellen Verabschiedung stand ich kurz darauf in der Bahnhofshalle. Welch eine Menschenmenge. Wartend stand ich verpackt in diesem Wattegefühl da, als mich eine sanfte, vertraute Stimme zurück in die Realität holte: „Hey, hello Anke“...



Crescent zeigte mir einige schöne Plätze von Leipzig und gewährte mir einen Einblick in seine Vergangenheit. Beruflich hat er grosse Teile der Welt bereist und viele Kulturen kennengelernt.
Wenn man bedenkt, dass er sich jetzt in Deutschland immer wieder als Kriegsflüchtling rechtfertigen muss, ist das traurig. Doch es wird sich alles gut für ihn fügen. Aussergewöhnlicherweise hat er eine Arbeitserlaubnis bekommen.

« I have an open mind, I feel free and I want that every other person feels free too, so I can go my way. »

Er erklärte mir, dass das nicht normal sei, es gäbe viele Kriegsflüchtlinge, die über Jahre hinweg untätig in Asylheimen hausen. Da diese nicht arbeiten dürfen, werden viele von ihnen kriminell. Doch dies sei für ihn niemals eine Option und glücklicherweise habe er gerade eine eigene Wohnung gefunden.

« Be yourself, trust yourself and then the other people will trust you too. »

Kein noch so teures Auto, keine noch so kostspielig eingerichtete Wohnung, nichts, was irgendwie mit Geld gekauft werden kann, macht alleine einen Herzens-Menschen aus.

Ich komme mit einer für mich sehr wichtigen Erkenntnis, die sich aus einem unserer Gespräche herauskristallisiert hat, nach Hause zurück:
Sagt jemand die Wahrheit und können wir diese mit unserem Verstand auch nicht fassen, so versteht unser Gefühl sehr wohl, was richtig und falsch ist. Instinktiv ahnen wir, dass auch, wenn etwas noch so „verrückt“ klingt, das Gesagte Wahrheitsgehalt birgt. Wir erfühlen Wahrheiten.

Diese Erkenntnis gibt mir mehr Sicherheit. Alle Kommunikation lief über Englisch ab. Wusste ich nicht weiter, half er mir mit: „Try it again, Anke“. 

In Crescents Worten ausgedrückt:
« I speak with your mind and with your soul, I don`t speak with your body. »
Ich bedanke mit ganz herzlich für diese 3 Tagestour, für die kurzen, intensiven Begegnungen, für die neuen Erkenntnisse und meinem Schatz Sevi für sein Vertrauen und Verständnis!

Sollte einer der Fahrgäste Anmerkungen, Korrekturen oder gar weitere Geschichten haben, freue ich mich über jeglichen Kontakt.
Möchte jemand einen professionellen Kameramann in bspw. München, Hamburg oder Berlin einstellen, vermittle ich sehr gern.

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